Mein Standpunkt #4 – Zweierlei Maß?

Gerade bei stern TV gesehen: Eine Diskussion über Homöopathie. Ob Homöopathie ein geniales Behandlungskonzept oder kompletter Humbug ist, das will ich hier gar nicht erörtern.
Etwas anderes stößt mir viel mehr auf, nämlich die Art und Weise wie Kritiker hier argumentieren:
Gegner der Homöopathie sind, wie auch bei anderen nicht schulmedizinischen Therapie- oder Diagnoseformen, meist Verfechter der evidenzbasierten Medizin, sprich, nur was in groß angelegten Studien bewiesen wurde, wirkt auch. Sämtliche andere Erfahrungswerte gelten nicht. Und das wurde auch bei stern TV von den beiden kritisch eingestellten Diskussionspartnern gefordert.
Soweit, so gut.
Als nun in der Sendung die Vorsitzende des Zentralvereins der Homöopathischen Ärzte, Cornelia Bajic, in die Diskussion einschob, dass solche Studien in der Tat existieren und auch bewiesen haben, dass Homöopathie über einen Placebo-Effekt hinaus Wirksamkeit hat, holte Dr. Christian Weymeyr, einer der Kritiker, aus und sagte Folgendes:
„Besondere Behauptungen verlangen nach besonderen Beweisen. Und eine Behauptung, dass ein wirkstofffreies Kügelchen tatsächlich eine Heilung bewirken kann, ist so ungeheuerlich, dass die Studien, mit ihren Fehlern, die sie auch immer haben können, auf keinen Fall ausreichen, um diese Behauptung zu belegen oder zu widerlegen.“
So eine Argumentation macht mich sprachlos…
Das ist doch lächerlich: „Los, bring Beweise!“ – „Hier sind sie.“ – „Nein, gilt nicht, Du musst das noch besser beweisen.“
Hallo?
Herr Dr. Weymeyr macht sich durch solche Forderungen in meinen Augen unglaubwürdig.
Was aber meiner Meinung nach hinter all dem steht und letztendlich Auslöser für derlei schale Argumentationsketten ist, ist etwas gänzlich anderes, nämlich eine subjektive Sicht der Wirklichkeit und große Angst davor, diese unter Umständen revidieren zu müssen.
Das Nicht-Anerkennen anderer Sichtweisen macht uns in so vielen Bereichen das Leben schwer, sei es in der Medizin, aber auch in der Religion, was kulturelle Unterschiede angeht oder teilweise noch viel banaler, in Sachen Mode, Lebensweise, Essverhalten usw.
Wenn ich von etwas persönlich nichts halte, muss ich es ja im Regelfall nicht in mein Leben integrieren, ich kann es einfach bleiben lassen. Aber ich muss auch nicht an allen Ecken und Enden über die anderen herziehen, nur damit ich meine eigene Einstellung damit in ein besseres Licht rücke oder womöglich irgendwen „missionieren“ kann.
Toleranz ist das Zauberwort.
Wobei Herr Weymeyr mit großer Wahrscheinlichkeit in dem Buch, das er ebenfalls zum Thema veröffentlicht hat, auch kritisiert, dass mit Homöopathie viel Geld verdient wird. Und das, obwohl es ja in seinen Augen wirkungslos ist, und somit der arme Patient übers Ohr gehauen wird.
Dabei gebe ich zu bedenken, dass wir alle mündige Bürger sind, die in einem Wirtschaftssystem leben, das auf Angebot und Nachfrage basiert. Wo also keine Nachfrage, da kein Angebot. Wer würde denn noch homöopathische Mittel kaufen, wenn a) sie nie wirken würden und wenn b) die Schulmedizin alle Probleme mit ihren Therapien lösen könnte?